Nach neunjähriger juristischer Auseinandersetzung um das Buch von Heribert Schwan und Tilman Jens unter dem Titel „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgericht Köln ein richtungsweisendes Urteil gefällt. Von den vom Kölner Landgericht im Jahr 2014 116 verbotenen Zitaten wegen aus dem Zusammenhang gerissenen und angeblichen Verfälschungen, ist so gut wie nichts mehr übrig geblieben.
Das Urteil umfasst 107 Seiten und ist sorgfältig begründet. Endlich einmal findet die von den Anwälten des Verlages und der Autoren geforderte inhaltliche Befassung des Gerichts mit den einzelnen Zitaten statt, und zwar auf der von ihnen durchgängig vorgetragenen Beweislastverteilung, die nunmehr eindeutig bei der Klägerin, der Alleinerbin und Kohl-Witwe Maike Kohl-Richter, liegt.
Immer wieder weist die dreiköpfige Kammer des Kölner OLG darauf hin, dass „eine Verfälschung des Kontextes nicht feststellbar ist, denn die Aussage des Erblassers (Helmut Kohl) wird durch die Darstellung im Buch nicht aus ihrem wahren Zusammenhang gerissen, in einen unzutreffenden Kontext gestellt und dadurch in ihrem Aussagegehalt verfälscht bzw. verzerrt.“
Auch „hinsichtlich Stimmung, Lautstärke und Tonfall des Erblassers“ sei „keine Verfälschung oder Entstellung“ erfolgt. Die im Buch wiedergegebene Bewertung der emotionalen Situation des Erblassers enthalte nicht die von der Klägerin (Maike Kohl-Richter) als unzutreffend gerügte Darstellung „einer larmoyanten Opferhaltung oder eines Desinteresses des Erblassers (Helmut Kohl) an politischen Sachfragen.“
Schließlich habe die Klägerin Maike Kohl-Richter „keinen Anspruch gegen den Verlag auf Unterlassung der Veröffentlichung oder Verbreitung zahlreicher Zitate. Es liege „keine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts des Erblassers vor“. Denn es werde ihm „weder eine Aussage untergeschoben, die er überhaupt nicht getätigt hat“, noch werde „seine Äußerung unrichtig, verfälscht oder entstellt wiedergegeben.“
Für den Münchner Heyne Verlag ist es insgesamt ein sehr erfreuliches Urteil. Selbst die wenigen Zitate, die dem Verlag nunmehr noch teilweise verboten wurden, sind nach dem Senat nicht wegen ihrer inhaltlichen Qualität unzulässig, sondern „nur“ im Hinblick auf die Qualität der bereits vom Bundesgerichtshof untersagten Äußerungen.
Außerdem entschied der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln, dass die Klägerin Maike Kohl-Richter 92 % an den außergerichtlichen Kosten zu tragen hat.
Das Urteil stellt für die Autoren Heribert Schwan und den verstorbenen Co-Autor Tilman Jens eine spürbare Rehabilitierung ihrer journalistischen Arbeit dar. Die vom Kölner Landgericht in die Welt gesetzten angeblichen Verfälschungen der Interviews mit Helmut Kohl sind mit dem jetzigen OLG-Urteil, für das eine Revision nicht zugelassen wird, ad absurdum geführt.