Heribert Schwan / Helgard Heindrichs
München 2005
Über ihre in der Auslandsspionage eingesetzten Spitzel hat die Stasi eine detaillierte Datei angelegt. Diese sogenannte Rosenholz-Datei, die unter mysteriösen Umständen der CIA in die Hände gefallen war, wurde den deutschen Behörden erst im Sommer 2003 zurückgegeben. Anhand dieser Daten schildern die Autoren jetzt erstmals das Ausmaß des Geheimnisverrats. Ob Auswärtiges Amt, Kanzleramt, Verteidigungsministerium oder die Parteizentralen von CDU, SPD, FDP und Grünen – die Schaltstellen der Macht waren von DDR-Agenten durchsetzt. Ein Agententhriller aus der Wirklichkeit, der in spektakulären Fallbeispielen die Arbeitsweise der Spione schildert.
Ein Film von Heribert Schwan
Länge: 45 Minuten
Redaktion: Sabine Rollberg
Sendetermine:
ARD
23.11.05 – 23.30 Uhr
Phönix
08.12.05 – 20.15 Uhr
09.12.05 – 14.00 Uhr
Die lange Zeit in den USA lagernden Dateien zu Spionen des DDR-Geheimdienstes in der Bundesrepublik sind wieder zurück in Berlin. Bei den auf CD-Rom gespeicherten Datensätzen der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des früheren DDR-Ministeriums für Staatssicherheit handelt es sich um etwa 317 000 verfilmte Personenkarteikarten und 77000 Karten zu operativen Vorgängen (“Rosenholz-Dateien”). In der Berliner Bundesbehörde für die Stasi-Unterlagen wird an der Zuordnung von Namen und Vorgängen gearbeitet. Seit Bestehen beider deutscher Staaten haben Spionageeinrichtungen der DDR systematisch versucht, die Bundesrepublik mit einem Agentennetz zu überziehen. Die Zahl der West-Spione wird auf etwa 6 000 geschätzt.
Im Mittelpunkt der Dokumentation steht Lilli Pöttrich. Am 1. Dezember 1993 wurde die Vortragende Legationsrätin im Bonner Auswärtigen Amt verhaftet. Der Vorwurf lautete, “für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgeübt zu haben”. Hinter diesem Juristendeutsch verbirgt sich eine über 14-jährige Agententätigkeit der Karrierediplomatin Pöttrich für Mielkes Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Als Studentin der Rechtswissenschaften an der Universität in Frankfurt erklärte sie sich im Sommer 1975 in Ost-Berlin gegenüber einem hauptamtlichen Mitarbeiter der Hauptverwaltung A (HVA) zu einer nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit dem MfS bereit. Sie wählte den Decknamen “Angelika”, unter dem sie fortan geführt wurde.
Zielvorstellung des MfS war es, die Agentin im Auswärtigen Amt zu platzieren. Nach Beendigung ihres Studiums bewarb sie sich auftragsgemäß 1982 beim AA und wurde im April 1983 in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des Höheren Auswärtigen Dienstes einberufen. Zuletzt arbeitete sie als COCOM-Referentin an der deutschen Botschaft in Paris. Lilli Pöttrich lieferte seit ihrer Studentenzeit ihren Auftraggebern Personaldossiers und alle zugänglichen Informationen aus ihrem Arbeitsbereich im Auswärtigen Amt.
Schwan SpinnennetzSie traf sich mit MfS-Mitarbeitern im In- und Ausland und war mit allen Hilfsmitteln der Spionage ausgestattet. “Angelika” übte ihre geheimdienstliche Tätigkeit aus ideologischer Überzeugung aus und war Mitglied der SED. Sie erhielt die Staatsbürgerschaft der DDR und wurde ausgezeichnet. 1993 konnte sie enttarnt werden und wurde 1995 zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung und einem siebenjährigen Berufsverbot verurteilt.