Der Rundfunk als Instrument der Politik im Saarland 1945-1955
06. Sep 2022

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(Dissertation) Berlin 1974 Doktorvater: Professor Dr. Hans Buchheim erschienen im Verlag Volker Spiess – Berlin

Der Rundfunk als Instrument der Politik im Saarland 1945-1955

VORWORT

Die politische Theorie hat in der Bandbreite der individuellen und institutionellen Kommunikationsfreiheit mit Recht eine Bestimmungsgröße für jene aporetische Distanz zwischen Verfassung und Verfassungswirklichkeit in der demokratischen Gesellschaft erkannt. Die vorliegende historisch-politische Untersuchung gilt den politischen Funktionen des Rundfunks im heutigen Saarland während der ersten zehn Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Im Ergebnis führt sie den Nachweis für die engen Verknüpfungen von Politik und Publizistik,- jener wechselseitigen Bedingtheiten des politischen und des Kommunikationssystems der Gesellschaft. Ein freiheitliches, demokratisches und soziales Gemeinwesen ist jeweils an der Zugänglichkeit, der Verfügbarkeit und der Vielfalt gesellschaftlichen Wissens für seine Bürger und an der Autonomie und Transparenz seiner Vermittlungseinrichtungen, der Medien, zu messen. Die Arbeit zeigt, wie sich die besonderen politischen Verhältnisse an der Saar zwischen 19945 und 1955 auf das Medium Rundfunk auswirkten, das als staatliche Monopolorganisation weder publizistisch unabhängig, noch für politische und gesellschaftliche Alternativen zugänglich und verfügbar war. “Radio Saarbrücken” war die Stimme der Regierung und des französischen Hochkommissars. Nun ist nachzulesen, wie ein publizistisches Mittel zum Staatsanzeiger hergerichtet und an der Wahrnehmung seiner politischen Aufgaben gehindert worden ist. Vielmehr fielen freie Wissensvermittlung und Meinungsbildung, Kritik und Kontrolle den gezielten personalpolitischen Eingriffen und der unverhohlenen Vorzensur einzelner Programme zum Opfer. Doch gleichzeitig wirft die Arbeit die Frage nach der publizistischen Wirkung auf, denn selbst der massive rundfunkpublizistische Einsatz für das Saarstatut konnte dennoch nicht dessen Ablehnung in jener Volksabstimmung am 23.Oktober 1955 verhindern. Die Lehren aus dieser Studie für die aktuelle kommunikationspolitische Diskussion sind durchaus nicht einfach und bequem. Der Verfasser hat es auch nicht anders gewollt.

Münster/Westfalen, im September 1973
Prof. Dr. Winfried B. Lerg

EINFÜHRUNG

Die Zerschlagung des Dritten Reiches bedeutete auch für die deutsche Rundfunkgeschichte eine Zäsur. Die technischen Einrichtungen des Rundfunks waren weitgehend zerstört, die Organisation hatte sich aufgelöst. Für einen Neubeginn gab es ursprünglich Pläne des alliierten Oberkommandos (1), nach denen die vier Besatzungsmächte den Rundfunk in Deutschland gemeinsam und zentral betreiben wollten. Die einzelnen Alliierten verfolgten jedoch in ihren Besatzungszonen sehr bald eigene Pläne. So errichteten auch die Franzosen in ihrer Zone eigene Anstalten, nämlich Radio Saarbrücken und den Südwestfunk. Die Funkhäuser bekamen in den ersten Jahren nach Kriegsende eine Bedeutung wie nie zuvor. Die RUndfunkjournalisten hatten ein Publikum, wie sie es sich besser nicht wünschen konnten. Der Rundfunk erlebte eine Blütezeit. In der vorliegenden Arbeit soll der Rundfunk im Saarland von 1945 bis 1955 aus politikwissenschaftlicher Sicht dargestellt werden. Die Bedeutung von Radio Saarbrücken und die Besonderheiten der Konstruktion und Funktion des Rundfunks im Saarland nach 1945 sind nur aus dem Zusammenhang mit der politischen Entwicklung an der Saar von 1945 bis 1955 zu verstehen. An den Anfang der Untersuchung wurde deshalb eine Skizze der Saarpolitik gestellt; sie erhebt keinen Anspruch auf eine vollständige und endgültige Darstellung der politischen Zusammenhänge und Ereignisse. Vor diesem Hintergrund der politischen Entwicklung an der Saar wurde die Verwendung des Rundfunks als Instrument der Politik untersucht. Darüber hinaus war es das Ziel der Arbeit, eine Anstaltsmonographie vorzulegen. Deshalb beschränkte sich auch die Darstellung nicht auf den Bereich des politischen Programms. Auch das übrige Programm sowie die Grundzüge des technischen Aufbaus und der Organisation wurden einbezogen. Der Verfasser hat Dank zu sagen für vielfache Unterstützung insbesondere dem Saarländischen Rundfunk, der Historischen Kommission der ARD und Herrn Dr. Hans-Walter Herrmann vom Landesarchiv des Saarlandes sowie Herrn Kunz von der Saarländischen Kreditbank für seine Hilfsbereitschaft. Für die Übernahme des Korreferates dankt der Verfasser Herrn Professor Dr. Winfried B. Lerg. Herrn Professor Dr. Hans Buchheim ist der Verfasser für Anregung und Förderung dieser Arbeit zu besonderem Dank verpflichtet.

Saarbrücken, im Februar 1974
Heribert Schwan

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