Beitrag in der RHEINPFALZ von Ilja Tüchter
Die deftigen Zitate von Altkanzler Kohl mögen 2014 unzulässig für ein Buch verwendet worden sein. Längst aber sind sie eine Quelle, die den Geschichtsschreibern offenstehen sollte.
Was der Altbundeskanzler da 2001 und 2002 auf Band sprach, ist Helmut Kohl pur. Seine politische Genialität, seine Bildung und seine Sprachgewalt werden offenkundig, aber auch, wie tief verletzt der Ludwigshafener war. Erinnern wir uns: Kurz nach der CDU-Parteispendenaffäre und inmitten der Trauer um seine im Juli 2001 aus dem Leben geschiedene Frau Hannelore sprach Kohl über Freunde wie Gegner.
Ja, Kohl gewährte dem Journalisten Heribert Schwan 600 Stunden lang diese Einblicke, damit dieser für ihn seine Memoiren verfasste – als bezahlter Ghostwriter. Aber Kohl war selbst Historiker, er wollte, dass dieses Zitate-Vermächtnis nach seinem Tod auch anderen zugänglich gemacht würde. Das haben Beobachter der Gespräche, unter anderem dessen Sohn Peter, ausgesagt.
Schwans Buch von 2014 war dennoch in dieser Form rechtswidrig. Aus Sicht der Witwe muss es auch frustrierend sein, dass das Kohl zugesprochene Schmerzensgeld zu dessen Lebzeiten rechtens war, im Nachhinein aber futsch ist. Maike Kohl-Richter sollte dennoch ihre Vendetta beenden – Schwan gegenüber und auch, was ihre eigene Helmut-Kohl-Stiftung angeht. Diese ist als Gegen-Veranstaltung zur Bundeskanzler Helmut Kohl Stiftung angelegt, die der Bundestag ins Leben gerufen hat. Natürlich gebührt der Alleinerbin eine besondere Rolle. Aber ihr stures Beharren auf irgendwelche Veto-Rechte schadet der freien Geschichtsschreibung.