T-Online/ 08.10.2014
Kohl-Biograf Schwan verteidigt sich
tbo, dpa
Nach Vorab-Auszügen sind nun die umstrittenen Aufzeichnungen von Gesprächen mit Altkanzler Helmut Kohl in Berlin der Öffentlichkeit präsentiert worden. Das Buch mit dem Titel "Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle" von Heribert Schwan und Tilman Jens kommt ungeachtet der Androhung juristischer Schritte durch Kohl in den Handel.
Bei der Buchvorstellung wies Schwan den ihm vorgeworfenen Vertrauensbruch von sich. Auch wenn er acht Jahre quasi mit Kohl zusammengelebt habe: "Ich war kein Beichtvater für Helmut Kohl, dem er alles anvertraut hat. Kohl hat oft betont, dass ich Publizist bin. Deshalb ist es kein Vertrauensbruch."
Wer das "Vermächtnis" lese, erfahre, dass er das Buch mit sehr viel Empathie geschrieben habe und er große Achtung für Kohls Lebensleistung habe. "Ich hatte einen Vertrag mit dem Verlag, nicht mit Helmut Kohl. Ich hätte niemals eine Schweigepflicht-Erklärung unterzeichnet", betonte Schwan.
In dem Buch wird heftig ausgeteilt gegen ehemalige Weggefährten des Altkanzlers. "Wer Helmut Kohl kennt, weiß, dass er Frau Süssmuth gehasst hat. Dass Richard von Weizsäcker sein Feind war. Dass es wirklich Probleme mit Norbert Blüm gab. Wer ein bisschen Bescheid weiß über Kohls Ansichten, für den ist das Buch nichts Neues", verteidigte sich Schwan.
Zu seinem Motiv sagte Schwan, er wollte neue Facetten von Kohl aufzeigen. "Die kurzen Zitate aus dem 'Spiegel' geben nicht das wider, was im Buch steht. Das Buch zeigt ein differenziertes Bild von Kohl." Wie Kohl tickt, welche Werte er hat - das werde aus dem Buch ersichtlich, so Schwan.
Kohl will einem Bericht des "Focus" zufolge rechtlich gegen das Buch vorgehen. Er wirft Schwan vor, 200 Mitschnitte von Gesprächen ausgewertet zu haben, deren Nutzung ihm gerichtlich untersagt wurde. Kohl war in den Jahren 2001 und 2002 von Schwan befragt worden.