13. Nov 2014

Verlag darf Kohls Zorn nicht mehr verbreiten

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POLITIK

Die Kohl-Biographie "Vermächtnis" und der Autor Heribert Schwan.
Die Kohl-Biographie "Vermächtnis" und der Autor Heribert Schwan.(Foto: dpa)

"Hinterfotzig", "Verräter"  Verlag darf Kohls Zorn nicht mehr verbreiten

Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl war nicht zimperlich, wenn er über seine Weggefährten sprach. Die entsprechenden Zitate sind in der Welt. Ein Gericht bremst nun die weitere Verbreitung in Buchform.

Im Kampf um die Deutungshoheit über das Leben Helmut Kohls haben der Altkanzler und seine Frau einen Etappensieg errungen. Der Heyne-Verlag darf die Biographie "Vermächtnis" nicht weiter an Buchhandlungen ausliefern, entschied das Landgericht Köln. Es verbietet per Einstweiliger Verfügung die Verbreitung von Zitaten des Altkanzlers, die in dem Buch enthalten sind. Die Richter argumentieren, der Abdruck sei ein rechtswidriger "Verstoß gegen die Vertraulichkeit". Schwan sei als Kohls Ghostwriter zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen.

Der Verlag hat schon 200.000 Bücher ausgeliefert. Sie dürfen weiter verkauft werden. Kohls Anwalt kündigte an, er werde Schadenersatz fordern, die Sache werde Schwan "sehr, sehr teuer zu stehen kommen". Außerdem ist zu erwarten, dass Schwan in die nächste Instanz zieht.

"Würde Kohl nicht fragen, was ich schreiben darf"

Unter den beanstandeten Zitaten befindet sich etwa die Aussage Kohls über die amtierende Kanzlerin Angela Merkel, sie habe "nicht richtig mit Messer und Gabel essen" können, als sie neu in der Politik war. Über den früheren Arbeitsminister Norbert Blüm heißt es, er sei "hinterfotzig" und ein "Verräter".

Kohl bestreitet nicht, dass er diese Aussagen getätigt hat. Doch seine Anwälte bemängeln, wie das Buch zustande gekommen ist. Es beruht nämlich auf Gesprächen, die der Journalist Heribert Schwan mit Kohl führte.

Schwan vertritt die Auffassung, dass Kohl wollte, dass die Aussagen veröffentlicht werden. Er sei sich bei den Gesprächen im Hobbykeller in Oggersheim nie wie ein Arzt oder wie ein Beichtvater vorgekommenhatte er bei der Buchvorstellung gesagt. Nie habe er eine "Schweigepflichtserklärung" unterzeichnet. "Ich würde Helmut Kohl nicht fragen, was ich schreiben darf; das kommt mir gar nicht in den Sinn."

Moralisch ohnehin überlegen?

Kohl dagegen versuchte, die Aufzeichnungen der Gespräche dem Zugriff Schwans zu entziehen. Er klagte vor dem Landgericht Köln und erreichte, dass Schwan die Aufnahmen herausgeben müsse.

Doch Schwan ließ sich davon nicht aufhalten. Bevor er die Bänder mit den 630 Stunden dauernden Gesprächen herausgab, fertigte er Kopien an – und verwendete die Zitate für sein Buch, das nun teilweise verboten wurde. Schwan und sein Verlag wähnen sich im Recht damit: Das Gericht habe in seinem Urteil nicht von Kopien oder Mitschriften gesprochen und Kohl habe auch nie explizit versucht, die Herausgabe von Kopien zu erreichen. Auch in dieser Sache wird es wohl noch ein Verfahren geben.

Unabhängig von den juristischen Feinheiten sieht sich Schwan moralisch ohnehin in einer überlegenen Position. Denn nach seiner Auffassung ist es gar nicht Kohl selbst, der da um sein Vermächtnis kämpft, sondern seine Frau Maike Kohl-Richter. Seit Jahren schirmt sie ihren Mann ab, rund um ihre Hochzeit kam es zum Bruch Kohls mit seinen mit engsten Freunden, mit seinen Söhnen – und eben auch mit seinem Biografen Schwan.

Quelle: n-tv.de , che/hv