München, 2000
Eine Dokumentation von Heribert Schwan
Redaktion: Claus Spahn
Macht, Manipulation, Mord – die Stasi hatte alle Mittel, um unliebsame Bürger jederzeit zum Schweigen zu bringen. An dem Fußball-Nationalspieler Lutz Eigendorf aber statuierte sie ein Exempel ganz besonderer Art: Als Stammspieler des BFC Dynamo Berlin setzte sich Eigendorf 1979 in den Westen ab, um künftig für den 1. FC Kaiserslautern und später für Eintracht Braunschweig zu spielen. Vier Jahre später war er tot. – Unfall oder Mord? Heribert Schwan rollt den Fall anhand von Unterlagen der Gauck-Behörde neu auf. Er kommt einem grausamen Verbrechen auf die Spur: Die Stasi hat ein unsichtbares Netz von Agenten, Spitzeln, Observierungen und Abhörmaßnahmen über die Familie des Spielers in der DDR und den abtrünnigen ‘Verräter’ im Westen ausgeworfen, um dann, als die Zeit reif war, allmählich die Schlinge zuzuziehen…
Nach dem Freundschaftsspiel beim 1. FC Kaiserslautern am 20. März 1979 bat der sechsfache Fußballnationalspieler der DDR, Lutz Eigendorf (22) vom Tabellenführer Dynamo Berlin, um politisches Asyl in der Bundesrepublik. Das große Talent des DDR-Fußballs nutzte einen Stadtbummel in Gießen zur Flucht.
Von diesem Tag an versuchte das Ministerium für Staatssicherheit auf vielfältige Weise, den “Verräter” unter Kontrolle zu bekommen. Ein Stasi-Spitzel aus Duisburg kundschaftete Eigendorfs Lebensgewohnheiten in Kaiserslautern aus, wo er beim 1.FC eine Anstellung gefunden hatte. Die in Ost-Berlin lebende Ehefrau Gabriele Eigendorf wurde von der Stasi rund um die Uhr überwacht. Ebenso Lutz Eigendorfs Eltern in Brandenburg. Mielkes Mannen kümmerten sich um das Wohl der Eigendorf-Gattin und führten ihr nach einem teuflischen Plan einen Mann zu, der alle Tricks eines erfolgreichen Stasi-Spitzels beherrschte. Schließlich verliebte sich Gabriele Eigendorf in den Stasi-Mann, ließ sich von Eigendorf scheiden und heiratete den Mann, der als inoffizieller Mitarbeiter nur eine einzige Aufgabe hatte: Die Bespitzelung seiner Frau.
Lutz Eigendorfs Fußballkarriere in Kaiserslautern und ab 1982 in Braunschweig war dem Ministerium für Staatssicherheit in Ost-Berlin bis in alle Einzelheiten bekannt. Zwei Agenten wurden eigens wegen Eigendorf in die Bundesrepublik übergesiedelt. Insgesamt vier Spitzel lieferten dem Mfs alle Daten und Fakten über den “Verräter” Lutz Eigendorf, der nach der erzwungenen Scheidung eine Pfälzerin heiratete. Mielkes Späher verfolgten Eigendorf auf Schritt und Tritt.
Am 5. März 1983 verunglückte der Fußballprofi von Eintracht Braunschweig tödlich. Als Unfallursache wurden 2,2 Promille Alkohol im Blut angegeben.
Der Film berichtet über das kurze Leben des 26-jährigen Abwehrspielers, der seine Karriere in Mielkes Fußballclub begann. Im Mittelpunkt des Fernsehfeatures stehen die Jahre 1979 bis 1983. Dokumentiert werden die außerordentlichen Anstrengungen des DDR-Geheimdienstes in der DDR auch in der Bundesrepublik, um Lutz Eigendorf “„zur Strecke zu bringen”. Neue Dokumente und Zeitzeugenaussagen lassen an der Version zweifeln, Eigendorf sei wegen Alkohol am Steuer tödlich verunglückt.
Zu Wort kommen Trainer und ehemalige Freunde des Fußballprofis. Ebenso die beiden Ehefrauen Eigendorfs in Berlin und Kaiserslautern. Befragt wurden verantwortliche Stasi-Offiziere. Wie stark und unbehelligt der DDR-Unterdrückungsapparat in der Bundesrepublik agierte, wird ausführlich dokumentiert.