07. Feb 2024

Historiker warten weiter

Kommentar in der RHEINPFALZ von Ilja Tüchter

Das Ringen um die Deutungshoheit über Leben und Wirken des 2017 verstorbenen Altkanzlers Helmut Kohl ist noch längst nicht beendet.

Heribert Schwan, Ex-Ghostwriter von Altkanzler Helmut Kohl, ist laut Urteil vom Dienstag zur „umfassenden Verschwiegenheit“ über seine Arbeit an den Kohl-Memoiren verpflichtet. Kommt Kohls Alleinerbin Maike Kohl-Richter damit ihrem Ziel näher, die Hoheit über den historischen Schatz auszuüben, den die Interviewkassetten darstellen?

Nicht wirklich. „Die Kohl-Protokolle“ wird zumindest in der bisher veröffentlichten, längst vergriffenen Version dauerhaft zur Geschichtsschreibung herangezogen werden. Auch besteht für Kohl- Richter offenbar nach wie vor wenig Aussicht darauf, durch die Prozesse gegen Schwan und die Random House Gruppe an die von ihr erhoffte ansehnliche Summe Geld zu kommen, die sie für ihre Helmut- Kohl-Stiftung gut brauchen könnte.

Diese hat die Alleinerbin gegründet, obwohl der Bundestag eine Bundeskanzler Helmut Kohl Stiftung aus der Taufe gehoben hat. Kohl-Richter reagierte darauf geradezu feindselig. Sie will als Alleinerbin die Hauptrolle bei der Bewahrung des Andenkens an ihren Mann spielen. Das ist ein großes Stück weit nachvollziehbar, aber schlussendlich hat sich Kohl-Richter verrannt. Band vier der Kohl-Memoiren hätte längst erscheinen sollen. Er würde die Zeit ab 1994, also die der „Kanzlerdämmerung“ und auch des Schwarze-Kassen-Skandals und des Bruchs mit der CDU, behandeln. Hauptverlierer des Ringens bleibt die Geschichtsschreibung.