10. Jul 2015

Kohl darf Tonbänder mit Memoiren behalten

von Gigi Deppe auf tagesschau.de

Es waren lange Gespräche, die der Journalist Heribert Schwan mit Altbundeskanzler Helmut Kohl führte. An mehr als 100 Tagen saßen sie zwischen 2001 und 2002 zusammen. 630 Stunden Gespräche wurden auf Audiokassetten aufgezeichnet - ein historisches Tondokument. Dessen ist sich Heribert Schwan durchaus  bewusst: "Ich sage Ihnen, wenn Kohl nicht krank geworden wäre, wenn er nicht diesen Sturz gehabt hätte, wären diese Bänder nicht von dieser Bedeutung gewesen. Dann hätte er sie hundert Mal wiederholen können. Da er nicht mehr reden kann, haben diese Gespräche diese Bedeutung bekommen.“

Nach einem großen Streit mit Kohl sollte Schwan die Bänder zurückgeben. Das wollte er aber nicht. Denn: "Es ist einfach nicht gerecht, wenn gesagt wird, das ist das Werk Helmut Kohls. Ich hab doch Fragen gestellt. Meine geistige Leistung, in aller Bescheidenheit, ist beinahe auf Augenhöhe.  Ich werde reduziert auf einen Mikrofonhalter, und das ist ungerecht. Die geistige Leistung auf diesen Bändern ist,  ich würde sagen, zwei Drittel bei Kohl und ein Drittel bei mir.

Kohl hatte das Sagen

Die Vorinstanzen sahen das anders. Auch Kohls Anwalt, Achim Krämer,  fand vor dem Bundesgerichtshof, die Sache sei ganz klar: "Man muss auf die Verträge, die beiden Verträge zurückgreifen, aus denen sich eindeutig ergibt, dass Herr Kohl derjenige ist, der das Sagen hat. Wenn jemand die Bänder verwerten will oder wie Herr Dr. Kohl überprüfen will: 'Was habe ich damals eigentlich gesagt?', dann ist es natürlich nicht der Beklagte, Herr Dr. Schwan, sondern das ist Herr Dr. Kohl."

Ein Geschäftsverhältnis und keine Gefälligkeit

Auch der Bundesgerichtshof als oberstes deutsches Zivilgericht gab Helmut Kohl Recht. Ja, er durfte die Bänder zurückverlangen. Selbst wenn Heribert Schwan die leeren Kassetten zur Unterstützung seiner Arbeit selbst mitgebracht hatte. Zwar gab es keine schriftliche Abmachung zwischen Kohl und Schwan. Die Verträge liefen über einen Verlag. Aber klar war: Das war ein Geschäftsverhältnis, keine reine Gefälligkeit, sagt Yvonne Ott, Sprecherin des Bundesgerichtshofs: "Wenn ein Auftragsverhältnis beendet wird, muss der Beklagte all das herausgeben, was er im Zuge dieser Zusammenarbeit erlangt hat. Und das waren hier diese Tonbänder, auf denen die persönlichen Erinnerungen und die Gedanken des Klägers aufgezeichnet worden waren."

Zwar hat Schwan die Bänder inzwischen schon übergeben. Aber er hat diesesn Prozess verloren, genauso wie den vorm Oberlandesgericht in Köln. Das hatte ihm Mai untersagt, bestimmte drastische Zitate von Kohl zu verbreiten.