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Seit Jahren dauert der Streit um die "Kohl-Protokolle" - die Biographie des Altkanzlers - bereits an. Nun will Kohl fünf Millionen Euro Schmerzensgeld vor Gericht erstreiten. Der Prozess gegen seinen ehemaligen Ghostwriter Schwan hat in Köln begonnen, eine Entscheidung soll erst im Juni fallen.
Vor mehr als 14 Jahren - im Jahr 2001 - kamen Helmut Kohl und der ehemalige Redakteur Heribert Schwan im Haus des Altkanzlers im rheinland-pfälzischen Oggersheim zusammen. Kohl begann zu erzählen: von seinem Leben, seiner politischen Karriere und den Mitstreitern und Gegnern auf diesem Weg. Während der Gespräche zwischen Ghostwriter und Altkanzler liefen Tonbänder mit - rund 600 Stunden Material hielten sie schließlich fest.
600 Stunden Gesprächsstoff, auf dem der Bestseller "Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle" basiert. Im Oktober 2014 kommt das Buch auf den Markt, doch schon zu diesem Zeitpunkt gibt es Streit zwischen dem Autor und Kohl. Der frühere Bundeskanzler geht sogar juristisch gegen die Veröffentlichung vor. Denn in den Gesprächen, die als Grundlage dienen, hatte Kohl teilweise hart ausgeteilt, auch gegen die heutige Kanzlerin Angela Merkel.
Noch im Oktober reichen Kohls Anwälte Unterlassungsanträge für mehr als 100 solcher im Buch aufgegriffenen Zitate ein - das Gericht gibt ihnen Recht. Die "Kohl-Protokolle" dürfen daraufhin nicht mehr erscheinen.
Doch der Streit geht nach wie vor weiter - jetzt geht es ums Geld. Kohl verlangt fünf Millionen Euro Schadensersatz. Der Prozess gegen Schwan, dessen Co-Autor Tilman Jens und den Heyne-Verlag hat heute vor dem Landgericht Köln begonnen. Der Altkanzler sehe sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt, sagte eine Gerichtssprecherin und bestätigte damit einen Bericht der "Bild"-Zeitung.
Die Zitate waren aus Sicht von Kohls Anwälten vertraulich gewesen, zumal Schwan 2012 schriftlich versichert habe, kein "Enthüllungsbuch" schreiben zu wollen. Die Höhe des Schmerzensgeldes müsse sich "an der historischen Dimension des Vorgangs bemessen und dem Ausmaß der versuchten Geschichtsfälschung und dem irreparablen Schaden entsprechen", heißt es laut Bericht in der Klageschrift der Anwälte. Und weiter: "Es gibt keinen vergleichbaren Fall, in dem ein langgedienter Staatsmann in gleicher Weise derart hintergangen und durch Rechts- und Vertrauensbruch derart öffentlich bloßgestellt, vorgeführt und verspottet wurde." Die angesetzte Summe sei daher keinesfalls unverhältnismäßig.
Der Vorsitzende Richter Martin Koepsel machte zum Auftakt des Prozesses keine Angaben darüber, ob er die Sicht der Anwälte teilt und der geforderte Schadensersatz gerechtfertigt ist. Er verwies darauf, dass sich das Gericht erst eine Meinung bilden könne, wenn die Anwälte von Schwan, Jens und des Heyne-Verlags auf die Klage reagiert hätten. Eine Erwiderung der Anwälte wird laut Gericht bis zum 12. Mai erwartet.
Von Seiten des Heyne-Justiziars Rainer Dresen kam allerdings schon Kritik an den Schadensersatzforderungen - diese seien "dilettantisch hoch zehn". Eine Entscheidung will das Gericht voraussichtlich am 2. Juni fällen, dabei muss es sich allerdings nicht zwangsläufig um ein Urteil handeln. Auch weitere mündliche Verhandlungen wären zunächst denkbar.
Neben der Frage um ein zu zahlendes Schmerzensgeld wird auch um die Herausgabe der Kopien der insgesamt 200 Tonbänder gestritten, auf denen die Gespräche zwischen Schwan und Kohl festgehalten wurden. Die Originalbänder hatte der Ghostwriter bereits aushändigen müssen. Ob das auch für die Kopien und Abschriften gilt, will das Kölner Landgericht bereits am 21. April bekannt geben. Außerdem soll am selben Tag durch das Gericht entschieden werden, ob das Veröffentlichungsverbot der insgesamt 116 von Kohl beanstandeten Zitate Bestand behält.