Reaktion des Heyne-Justitiars Rainer Dresen
Sehr geehrter Herr Prantl,
mit Ihrem Kommentar zum heutigen Urteil des OLG Köln in der abgewiesenen Geldentschädigungs-Klage der Kohl-Witwe mit dem Titel „Ein unanständiges Urteil“ ist es Ihnen wieder einmal gelungen, mich zu verblüffen:
Dies nicht, weil Sie Herrn Schwan und damit auch Herrn Jens als Co-Autor und mich als den juristisch Verantwortlichen des Verlages für die damalige Buchpublikation der Unanständigkeit zeihen. Nein, das geht in Ordnung. Sie als der letzte großes Anständige und DIE unfehlbare moralische Instanz der deutschen Publizistik, Sie dürfen das.
Was mich aber tatsächlich verblüfft, ist der Umstand, dass Sie nun auch den Kölner OLG-Senat, der sich redlich mit dem Fall abgemüht hat, schmähen, indem Sie dessen Urteil und damit auch das Gericht selbst in geradezu Kohl’scher Diktion nicht nur als „hanebüchen“, sondern auch als „unanständig“ bezeichnen.
Dabei gelingt Ihnen das Kunststück, mit keinem Wort zu erwähnen, dass der urteilende Senat durch die bindende höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH gar nicht anders entscheiden konnte. Hierfür gibt es nur zwei Erklärungen:
Entweder sind nicht einmal Sie allwissend und kennen schlicht die einschlägigen BGH-Entscheidungen „Peter Alexander“ und insbesondere „Demjanjuk“ (hierzu erlaube ich mir Belege beizufügen) und den daraus resultierenden durchaus diffizilen Unterschied zwischen vermögenswertem Schmerzensgeld (für Verletzungen von Körper, Leben und Ehre) und höchstpersönlicher Geldentschädigung (für Verletzungen des Persönlichkeitsrechts) nicht. Ersteres nur ist grundsätzlich vererblich, Letzteres und vorliegend Einschlägiges nur nach rechtskräftiger Zuerkennung.
Die andere, mich viel beunruhigerende Möglichkeit für Ihr beredtes Schweigen zu den Zwängen des Gerichts aber wäre, dass Sie wie das von Ihnen zitierte Schweinchen Schlau genau wissen, dass der Kölner OLG-Senat durch die erwähnte einschlägige BGH-Rechtsprechung gebunden war und gar nicht anders urteilen konnte, und Sie dieses Ihr Wissen bewusst den Lesern vorenthalten, um Ihre Empörungshaltung nicht durch Fakten zu beeinträchtigen. Das würde ich dann unanständig nennen wollen dürfen.
Darf ich interessehalber erfahren, welche Alternative vorliegt: Unwissenheit oder Unanständigkeit?
Artikel-Empfehlung aus der SZ.de-App:
Demjanjuk - Entschädigung verweigert
Der KZ-Wachmann John Demjanjuk hatte eine Zeitung auf Entschädigung verklagt. Jetzt entscheidet das BGH: Seine Witwe kann diese Klage nicht weiterführen.
Viele Grüße, insbesondere wie stets auch an die Sportredaktion, Ihr Herr Kneer ist simply the best!
Ihr
Rainer Dresen