23. Jan 2015

Warum Bill Clinton mit Martin Scorsese streitet

Von Hanns-Georg Rodek auf welt.de

Seit zwei Jahren arbeitet der Starregisseur an einem Film über den ehemaligen US-Präsidenten. Doch der fordert jetzt mehr Kontrolle über den Stoff, als Scorsese ihm einräumen will.

Bei der Meinungsfreiheit gibt es Diskussionsbedarf über die Frontstellung Westen gegen Islamismus hinaus. Es gibt weitere Fronten, mögen sie auch von viel geringerer Tragweite sein. Etwa die zwischen Helmut Kohl und dem Biografen Heribert Schwan wegen der Tonbänder ihrer Unterhaltungen: Wer hat das Recht, sie zu publizieren? Oder zwischen Journalisten, die vielleicht manche Geschichten nicht schreiben, weil sie das Publikum angeblich nicht interessieren?

Und nun haben wir Scorsese vs. Clinton. Seit zwei Jahren arbeitet Regisseur Martin Scorsese an einer Dokumentation über Bill Clinton. Er ist, das wird kaum ein Mensch bestreiten, der größte lebende amerikanische Filmemacher. Er hat hochgelobte Dokumentationen über die Rolling Stones und George Harrison gedreht.

Und nun sieht es so aus, als müsste das Clinton-Projekt begraben werden. Laut "New York Times" wollte der Ex-Präsident mehr Kontrolle über die Fragen, die er zulässt, und über den fertigen Film generell. Weit mehr Kontrolle, als Scorsese ihm zubilligen wollte.

Es gab schon viele Projekte

Es wäre nicht das erste Clinton-Filmprojekt, das scheitert. Vor einem Jahr sagte NBC eine Miniserie über Hillary ab, kurz danach gab CNN Pläne für eine Dokumentation über sie auf, und von dem Lionsgate-Kinoprojekt "Rodham" hat man schon längere Zeit nichts mehr gehört. Auch die TV-Serie "The Reagans", die CBS vor zehn Jahren einmal plante, ist nie zustande gekommen.

Wir wissen nicht, welche Verträge Kohl und Schwan und Scorsese und Clinton im Vorfeld geschlossen haben – obwohl bei Filmprojekten in Amerika ganze Rechtsabteilungen daran sitzen. Aber es genügt nicht, verständnisvoll darauf hinzuweisen, dass Kohl um sein Bild in der Nachwelt besorgt sein muss oder die Clintons um ihres in der Präsidentschaftskampagne.

Es ist zumindest im Fall der Familie Clinton zu konstatieren, dass ihr Eintreten für Liberalität offenbar dann Grenzen findet, wenn es um das Ehepaar selbst geht. Die weltweite Armee von Image-Formern – auch sie gefährdet die Meinungsfreiheit.